Dienstag, 29. Januar 2008

Macheten und Brandfackeln


Die Strandhotels von Diani Beach lagen schon weit hinter ihnen, als der Deutsche Bernd S., seine Frau und ein Besucher der beiden aus Deutschland am späten Sonntagabend zu Hause ankamen: Die Palm Villas liegen gut 50 Kilometer südlich von Mombasa, Richtung tansanische Grenze. Als S. auf seinen Hof einbiegen wollte, schlug die Bande von mehr als einem halben Dutzend Männer, die offenbar gewartet hatte, zu. Sie folgten den Dreien - während eines Kampfes im Haus wurden die beiden deutschen Männer von den Angreifern mit Macheten erschlagen. S. Frau wurde leicht verletzt ins Krankenhaus eingeliefert.

Bernd S., Anfang 40, kannte Kenia: Seit fast 10 Jahren lebte er hier und war im Immobiliengeschäft tätig. Der genaue Hintergrund des Überfalls war unklar. Ein Zusammenhang mit den politischen Unruhen, die am Wochenende ganz Kenia erschütterten, galt als unwahrscheinlich. Die Polizei nahm am Montag zwei Verdächtige fest, doch ob es sich wirklich um die Täter handelt, ist offen. In der gegenwärtigen politischen Krise wird vielfach beklagt, dass Kenias Polizei kaum in der Lage ist, auch noch der steigenden Alltagskriminalität im Lande Herr zu werden.

Dass die Polizei die Situation nicht im Griff hat, müssen derzeit tausende Kenianer erleben, auf die militante Kämpfer jeweils anderer Ethnien Hetzjagden veranstalten. In Naivasha im südlichen Rift Valley starben am Sonntag Frauen und Kinder, die sich aus Angst vor den Unruhen in einem Haus eingeschlossen hatten. Das wurde ihnen zum Verhängnis: Eine aufgebrachte Menschenmenge steckte das Gebäude in Brand, niemand überlebte. Ähnliche Szenen wurden überall aus dem südlichen Rift Valley gemeldet, wo es nach den umstrittenen Wahlen vor einem Monat bislang ruhig geblieben war. Mehr als 100 Opfer haben die neuesten Unruhen, die in der Nacht zum Freitag begonnen hatten, gefordert.

Ausgelöst wurde die neue Welle der Gewalt von Milizen der Kikuyu-Ethnie, zu der auch der umstrittene Präsident Mwai Kibaki zählt: Die Kämpfer griffen Nachbarn aus anderen Volksgruppen an. Mit Buschmessern, Knüppeln und Fackeln zogen sie durch die Armenviertel und Innenstädte der Siedlungen, in denen sie die Mehrheit der Bevölkerung stellen. "Wir haben uns vorgenommen: Für jeden Kikuyu, der in Eldoret gestorben ist, sterben zwei Kalenjin in Nakuru", schrie ein Busfahrer Reportern entgegen. Eldoret liegt im nördlichen Rift Valley: Dort sind die Kikuyu in der Minderheit und waren seit Wochen von Angehörigen vor allem der Kalenjin-Volksgruppe verfolgt worden. Die Kikuyu gelten mehrheitlich als Unterstützer Kibakis, während die anderen Ethnien als Unterstützer der Opposition um ihren Kandidaten Raila Odinga wahrgenommen werden. In dessen Heimatstadt Kisumu wie auch in anderen Städten im Westen Kenias lieferten sich Anhänger Odingas schwere Gefechte mit der Polizei. Mehrere Menschen wurden von ihr erschossen.

Die internationale Verhandlung unter dem ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan ging unterdessen nicht voran. Annan warnte, die Ausschreitungen im Land hätten sich verselbstständigt: "Es geht längst nicht mehr nur um das umstrittene Wahlergebnis."

(Copyright Berliner Zeitung, 29.1.08)