Samstag, 26. Januar 2008

Hoher Preis für Frieden im Ostkongo


So viel Hoffnung gab es in Goma, der größten Stadt in der Nord-Kivu-Provinz im Osten Kongos, schon lange nicht mehr. Während der Bürgerkrieg seit 2003 offiziell beendet ist, wurde hier stets weitergekämpft. Der Armee stehen 25 Rebellengruppen gegenüber, die sich in der rohstoffreichen Region bedienen und widerstreitende Ziele verfolgen.

Auch die UN, die mit der größten Friedensmission im Kongo vertreten sind, konnten nicht verhindern, dass Milizen ganze Dörfer nieder brannten, Frauen vergewaltigten und brutale Massaker anrichteten. Doch das soll jetzt ein Ende haben: Bis Mitte kommender Woche, so sieht es ein am Mittwoch in Goma unterschriebener Friedensvertrag vor, sollen die Blauhelme eine Pufferzone errichten. Alle Gruppen haben schriftlich eingewilligt, die Waffen ruhen zu lassen.

Zwar sind Experten wie der langjährige Kongo-Analyst Jason Stearns skeptisch. "Wenn man sich den Vertrag anguckt, steht außer der Waffenruhe nichts konkretes darin - die schwierigen Details soll eine technische Kommission ausarbeiten." Stearns befürchtet, dass der Prozess hier scheitern könnte. Schließlich war auch das Abkommen von Goma nur unter dem massiven Druck des Westens und seiner Botschafter zustande gekommen. Ob der gleiche Druck sich aufrecht erhalten lässt, ist ungewiss. Doch zumindest scheint die Regierung von Joseph Kabila, der einst selbst als Rebell im Osten kämpfte, es ernst zu meinen. Am Freitag ließ sie durchscheinen, für den Rebellengeneral Laurent Nkunda eine Lösung gefunden zu haben. Nkunda, ein ethnischer Tutsi, hält die Region seit 2004 mit Überfällen in Atem. Er selbst behauptet, die kongolesische Tutsi-Bevölkerung vor Hutu-Extremisten schützen zu wollen. Doch bei seinen Angriffen wurden auch viele Tutsi ermordet.

Die Tatsache, dass Kongos Regierung gegen Nkunda eine Anzeige wegen Kriegsverbrechen beim Internationalen Strafgerichtshof gestellt hat, hing wie ein Damoklesschwert über den Verhandlungen. "Aber die Anzeige ist inzwischen verjährt, weil wir keinen neuen Folgeantrag gestellt haben", erklärte ein hochrangiger Beamter aus Kinshasa. Nkunda soll diese Zusicherung schriftlich übermittelt werden.

Größtes Hindernis für einen Frieden dürften demnach die Hutu-Extremisten sein, von denen viele für den Völkermord im nahen Ruanda verantwortlich gemacht werden. Tausende von ihnen leben seit 1994 in der Region. "Viele haben in die Bevölkerung im Kongo eingeheiratet, es wird schwierig werden, sie loszuwerden", warnt der südafrikanische Analyst Henri Boshoff. Das wiederum ist eine der Kernforderungen Nkundas, um seine Rebellion zu beenden. Unter dem Krieg leidet vor allem die Zivilbevölkerung: Die Zahl der Opfer seit 1998 wird auf 5,4 Millionen geschätzt.

(Copyright Der Standard. 26.1.08)