Montag, 10. Dezember 2007

Letztes Aufgebot der Leugner des Klimawandels


Sie nennen sich das "Klimawandel-Netzwerk", die "Internationale Koalition für Klimawissenschaft" oder die "Zivilgesellschaftliche Koalition zum Klimawandel" und sie haben nur eine Mission: Die Welt davon zu überzeugen, dass es den Klimawandel gar nicht gibt. "Genauso gut könnte ein Gipfel über die Gefahr eines Angriffs von Marsbewohnern diskutieren", behauptet etwa Alan Caruba vom "National Anxiety Centre" in den USA, zu deutsch etwa "Nationales Ängste-Zentrum". Caruba und seine Anhänger halten den menschengemachten Klimawandel für unbewiesen - ungeachtet der selbst von der besonders klimaskeptischen Bush-Regierung akzeptierten Berichte des Weltklimarats (IPCC), der heute gemeinsam mit Al Gore den Friedensnobelpreis bekommt.

Mehr als 30 Pressemitteilungen, alle im gleichen Tenor, haben die verschiedenen Gruppen in den vergangenen Tagen verschickt in der Hoffnung, im Klimageschäft unerfahrene Journalisten mögen sie ernst nehmen. "Manche Namen kennen wir schon seit Jahren, für jeden Gipfel gründen diese Leute neue fingierte Umweltgruppen", sagt Matthias Duwe vom Dachverband Climate Action Network Europe. Der britische Oberhausabgeordnete Christopher Monckton etwa wirft dem Weltklimarat vor, er sei entweder unfähig oder betrügerisch. "Meine Berechnungen zeigen, wie die Wissenschaftler ihre Zahlen nach oben korrigieren: Den Anstieg des Meeresspiegels um das zehnfache, den Effekt von Klimagasen in der Atmosphäre um das zwanzigfache." Um dies zu belegen, führt Monckton Kalkulationen vor, die das in Bali präsentierte Gemeinschaftswerk von 600 Autoren aus 40 Ländern als Werk Propaganda entlarven sollen. Allerdings muss Monckton zugeben, dass er keine naturwissenschaftliche Ausbildung hat.

Der Klimatologe Richard Betts, der am britischen Headley-Center arbeitet und ein Kapitel im IPCC-Bericht als Hauptautor geschrieben hat, ist entsetzt. "Es gibt einen mehrstufigen Bearbeitungsprozess, in dem wir zehntausende Kommentare aus aller Welt eingearbeitet haben - die zudem noch alle auf unserer Webseite einsehbar sind." Die Wissenschaftler im Weltklimarat, sagt Betts, würden weder von Regierungen beeinflusst noch hätten sie eine politische Agenda.

Der so selbstbewusste Monckton wird wortkarg, wenn man ihn nach den Finanziers seiner Arbeit fragt - etwa für eine Serie von ganzseitigen Anzeigen gegen Al Gore in allen großen US-Zeitungen. Die Kosten werden auf einen Millionenbetrag geschätzt. "Die wurden von einer anonymen Einzelperson bezahlt - mit der Industrie hat der Spender nichts zu tun." Cindy Baxter, die für Greenpeace arbeitet, bezweifelt das. "Die gleichen Anzeigen stehen auf der Homepage des Heartland-Instituts, eine der aktivsten Gruppe von Leugnern des Klimawandels." Seit Jahren beleuchtet Baxter die Geldgeber hinter diesen Gruppen - allen voran den weltgrößten Mineralölkonzern Exxon. "Exxon hat Heartland im vergangenen Jahr mit mehr als 100000 Euro bezuschusst. Insgesamt hat Exxon fast zwei Millionen Euro an 41 Organisationen gezahlt, die dem Spektrum der Klimaleugner zuzurechnen sind." Auch General Motors gehöre zu den Unterstützern der Klimaleugner, sagt Baxter. Viele der Gruppen, kritisiert sie, hätten zudem enge Verbindungen zur US-Regierung, was ihnen Einfluss deren Haltung in den Klimaverhandlungen sichere.

(Copyright Berliner Zeitung, 10.12.07)