Donnerstag, 13. Dezember 2007

Die stillen Mehrheitsbeschaffer


Während die Unterhändler der Industrieländer in den Sälen und Fluren des Kongresszentrums von Bali fieberhaft über eine Reduktion von Treibhausgasen verhandeln, haben viele Afrikaner schon ihre Koffer gepackt. "Wir sind frustriert", sagt ein Delegierter aus Uganda. Viel wichtiger als der Abbau von Treibhausgasen ist den Afrikanern die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, die die meist armen Staaten nicht alleine bewältigen können. Doch dazu wird die Abschlusserklärung der Weltklimakonferenz, die am Freitag endet, nur wenig Konkretes enthalten.

Dabei hatten alle Seiten beteuert, dass Entwicklung und globaler Klimaschutz Hand in Hand gehen müssen. Doch bei den wenigen Diskussionen, die es gab, setzten sich die reichen Länder durch. So wird der Anpassungsfonds gegen den ausdrücklichen Willen Afrikas beim Globalen Umweltfonds der Weltbank (GEF) angesiedelt, die darin eingestellten Mittel aus dem Mechanismus für saubere Entwicklung gelten als lächerlich gering. Neue Einnahmequellen sollen erst in den kommenden Jahren diskutiert werden.

Die gleiche umstrittene Institution soll ein strategisches Programm für den Transfer von Technologien leiten, in dessen Rahmen zunächst einmal eine Bedarfsanalyse gemacht wird. Ein Plan des Klimagipfels 2006 in Nairobi, Kapazitätsaufbau in den ärmsten Ländern zu betreiben, wurde gar nicht erst behandelt. Auch wenn auf Bali nur ein Verhandlungsfahrplan entschieden wird: Viele Entwicklungsländer hatten sich deutlichere Signale erhofft.

"Afrika hat praktisch keinen Einfluss auf das Gipfelergebnis", zieht Alfred Omenya vom Climate Network Africa Bilanz. Das Prinzip der Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd habe auf Bali keine Rolle gespielt. Dafür, kritisiert Omenya weiter, müsse man auch die afrikanischen Delegierten verantwortlich machen.

Zwar sprechen Gipfelveteranen davon, dass Afrika auf Bali erstmals überhaupt bei einem Klimagipfel die Stimme erhoben hat. In ihrer Rede zur Eröffnung der Ministerrunde sparte Nigerias Umweltministerin Halima Tayo Alao, die die afrikanische Gruppe leitet, nicht an Kritik. "Aber die Afrikaner mischen sich etwa in die Debatte zu den Reduktionsverpflichtungen der Industrieländer gar nicht ein, weil sie der Meinung sind, es geht sie nichts an", so der nigerianische Umweltschützer Adewale Agbojo. Dabei hänge davon ab, wie schlimm der Klimawandel Afrika in Zukunft treffen werde.

Das Schweigen der afrikanischen Delegierten ist umso erstaunlicher, weil die 53 afrikanischen Staaten leicht jede Abstimmung dominieren könnten: Kein anderer Kontinent hat so viele Stimmen. Doch zumindest für die nahe Zukunft hat Eric Kisiangan von "Practical Action Kenia" keine Hoffnung auf eine solche Bündelung der Interessen. Die einzelnen Staaten seien dafür schlicht zu egoistisch. "Viele haben Angst ihre Meinung zu sagen, weil sie fürchten, Fördergelder aus den USA und der EU zu verlieren - andere haben schlicht keine Ahnung."

In einer gemeinsamen Erklärung fordern afrikanische Umweltschützer die Einrichtung eines ständigen Botschafters bei der Afrikanischen Union zum Thema Klimaschutz. Doch der Aufruf "Afrikas Stimme gegen den Klimawandel" unter der Schirmherrschaft der kenianischen Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai kann nur ein erster Schritt sein, sagt Adewale. "Afrikas Zivilgesellschaft braucht einen Plan, sonst werden unsere Regierungen nach Hause zurückkehren, weiter schweigen und bis ans Ende ihrer Tage auf den Geldsegen aus dem Norden warten."

(Copyright epd, 13.12.07)