Freitag, 20. Juli 2007

Somalias langer Weg zur Versöhnung


Nur wenige Stunden, bevor die "Nationale Versöhnungskonferenz" für Somalia mit den Diskussionen über einen dauerhaften Frieden begann, fielen am Bakara-Markt im Süden Mogadischus die ersten Schüsse. Die Gegner der von Äthiopiens Armee gestützten Übergangsregierung boten Granaten, Raketenwerfer und schwere Geschütze auf. "Der Himmel stand in Flammen", berichtet ein Bewohner. Der Donner der Gefechte war in der ganzen Stadt zu hören. Zu Mittag wurde der Konferenzort mit Granaten beschossen - sechs Zivilisten starben, unter ihnen fünf Kinder.

Am Morgen danach hatten die regierungstreuen Truppen die Lage wieder unter Kontrolle. Dabei soll die Versöhnungskonferenz eigentlich dafür sorgen, dass solche Übergriffe schon bald der Vergangenheit angehören. Doch schon am Sonntag musste sich die Versammlung mit 1300 Delegierten nach dem Eröffnungsakt vertagen - der angeblich sichere Veranstaltungsort war beschossen worden. Am Donnerstag machte Premier Ali Mohammed Ghedi den Teilnehmern Mut, die innerhalb von 75 Tagen die Probleme von 16 Jahren Regierungslosigkeit am Horn von Afrika lösen sollen: "Wir wollen der internationalen Gemeinschaft beweisen, dass wir Frieden und Stabilität in unserem Land erreichen können."

Doch lange wurde im mit Weihnachtsgirlanden geschmückten Zelt auch am Donnerstag nicht diskutiert. In Somalia glaubt ohnehin praktisch niemand an den Erfolg des Kongresses. Die Islamisten, die Mogadischu seit Monaten mit Angriffen überziehen, will die Regierung nicht teilnehmen lassen. Die wenigen Moderaten in der "Union islamischer Gerichtshöfe" weigern sich ihrerseits, zu verhandeln, solange die äthiopischen Truppen im Land sind. Doch ohne die äthiopische Armee im Land, das weiß die Übergangsregierung, wäre die Lage längst vollkommen außer Kontrolle.

Nur unter dem Druck der EU war die Regierung überhaupt bereit, der Konferenz zuzustimmen. EU-Entwicklungskommissar Louis Michel hatte zuvor klar gemacht: ohne allumfassende Versöhnungskonferenz keine Hilfsgelder. Doch selbst Mitglieder des Hawiye-Clans, der in Mogadischu die Mehrheit stellt und dessen Unterstützung die Regierung dringend braucht, haben ihre Teilnahme abgesagt.

Umso erstaunlicher, dass die Versöhnungskonferenz von Diplomaten und Hilfsagenturen in Nairobi seit Monaten so unterstützt wird, als sei sie der Garant für den Frieden für Somalia. Eine Million US-Dollar sind schon überwiesen, um die ersten Kosten zu decken, heißt es in einem internen EU-Papier.

Washington hat fünf Millionen versprochen. "Wir wissen, dass die Versöhnungskonferenz kaum etwas bringen wird", sagt anonym ein EU-Diplomat. "Aber wir finanzieren sie trotzdem - welche Alternative haben wir?"

(Copyright Der Standard, 20.7.07)