Montag, 19. Mai 2008

Tod und Terror in Simbabwe


Am Vorabend der angekündigten Rückkehr nach Simbabwe gab der Sprecher von Oppositionsführer Morgan Tsvangirai erneut einen Rückzieher bekannt. „Wir haben Informationen aus verlässlichen Quellen, nach denen ein Attentat gegen Morgan Tsvangirai geplant ist“, erklärte George Sibotshiwe in Johannesburg. Eigentlich hätte Tsvangirai, der seit den Wahlen Ende März nicht mehr in Simbabwe gewesen ist, am Samstag die Abgeordneten seiner Partei treffen sollen, die erstmals seit Simbabwes Unabhängigkeit 1980 im Parlament die Mehrheit stellen. Wann der Oppositionschef, der im vergangenen Jahr von Polizisten krankenhausreif geprügelt wurde, in seine Heimat zurückkehrt, ist unklar.

Simbabwische Zeitungen, die der Opposition nahe stehen, berichteten am Wochenende von einem geplanten Anschlag im Stile des Mordes an Pakistans Oppositionschefin Benazir Bhutto. Milizen in Zivil hätten demnach Tsvangirai nach seiner Ankunft am Flughafen von Harare vor den Augen der Öffentlichkeit erschießen sollen. Simbabwes Regierungssprecher Bright Matonga wies die Vorwürfe nicht nur zurück, er machte auch keinen Hehl aus seiner Genugtuung darüber, dass Tsvangirai trotz der näher rückenden Stichwahl gegen Präsident Robert Mugabe am 27. Juni vorerst nicht in Simbabwe Wahlkampf machen wird. „Außerhalb des Landes herumzuhängen wird seiner Sache kaum helfen“, ließ Matonga in Harare wissen.

Tatsächlich mehrt sich in der Opposition der Unmut darüber, dass Tsvangirai im sicheren Ausland weilt, während seine Anhänger Gewalt und Vertreibung ausgesetzt sind. Mindestens 40 Oppositionelle, so Schätzungen, sind seit den Wahlen umgebracht worden. Zehntausende sind auf der Flucht. Diejenigen, die es bis in die Hauptstadt Harare schaffen, berichten von minutiös geplanten Verfolgungen auf dem Land. „Die Namen von Oppositionsanhängern stehen säuberlich auf Listen eingetragen“, berichtet ein Lehrer aus dem Mudzi-Distrikt.

Das Vorgehen der Milizen, die aus Geheimdienst, Mugabes Parteijugend und Kriegsveteranen genannten Unabhängigkeitskämpfern rekrutiert seien, sei immer das gleiche: „Sie holen ganze Familien aus ihren Höfen, brennen alles nieder und töten das Vieh.“ Die Überfallenen würden dann in Camps eingepfercht, wo sie misshandelt oder vergewaltigt würden.

Die Lage könnte sich noch verschlimmern, wenn Berichte zutreffen, nach denen eine umstrittene Waffenlieferung aus China Simbabwe erreicht hat. Demnach sind einige der 1500 Raketen, 2500 Mörsergranaten, fast 100 Granatwerfer und dreieinhalb Millionen Schuss Munition von Bord des Frachters „An Yue Jiang“ bereits an Polizei und Militär verteilt worden. Das „Schiff der Schande“ war wochenlang vor Afrikas Küste gekreuzt, weil Gewerkschafter die Entladung in Südafrika, Mosambik und Namibia verhindert hatten. Angeblich wurden die Waffen jetzt im Hafen von Pointe-Noire in Kongo-Brazzaville entladen und von der in Großbritannien registrierten Fluggesellschaft Avient Aviation nach Harare geflogen.

Die Irrfahrt soll nur deshalb erfolgreich gewesen sein, weil auf persönlichen Befehl von Südafrikas Präsident Thabo Mbeki hin ein südafrikanischer Militärversorger den chinesischen Frachter mit dem nötigen Diesel versorgt haben soll. „Alles Propaganda“, ließ Mbekis Sprecher am Wochenende verlauten. Doch wie das Schiff, das Beobachter längst auf dem Heimweg nach China wähnten, es sonst so weit geschafft haben soll, ist rätselhaft.

(Copyright Der Standard, 20.5.08)