Samstag, 24. Januar 2009

Ex-Verbündete setzen Nkunda fest


Seit Jahren galt Laurent Nkunda als Ruandas Mann im Osten Kongos. Geld und Waffen sollen aus dem Nachbarstaat an Nkunda geflossen sein. Als die Rebellen des Generals im Oktober auf die kongolesische Stadt Goma zumarschierten, halfen ihm ruandische Panzer mit Schüssen von jenseits der Grenze. Ein UN-Bericht zitierte vor einigen Wochen gar Belege dafür, dass Nkunda seine Militäroperationen direkt mit dem ruandischen Präsidialamt abgesprochen habe. Dennoch wurde Nkunda jetzt verhaftet - und zwar von denen, die ihn bislang unterstützt hatten.

"Nkunda wurde am Vortag gegen halb elf Uhr abends von ruandischen Soldaten in Bunagana festgenommen, das ist die Grenzstadt vom Kongo nach Ruanda", bestätigt der Sprecher der UN-Mission im Kongo, Jean-Paul Dietrich, am Freitag. Die gemeinsame Truppe aus kongolesischen und ruandischen Soldaten, die seit Tagen im Ostkongo gegen Rebellen vorgeht, hatte Nkunda aufgefordert, sich zu ergeben. Nkunda floh nach Ruanda - und wurde kurz hinter der Grenze auf ruandischem Boden festgesetzt.

Einer von Nkundas engsten Vertrauten, Jean-Desiré Muiti, konnte es am Freitag noch nicht fassen. "Nkunda ist zu Konsultationen nach Kigali gerufen worden", so Muiti. Diese Fehleinschätzung spricht dafür, dass Nkunda womöglich Opfer einer Täuschung wurde.

Kongos Informationsminister Lambert Mende feierte die Festnahme des Abtrünnigen als Beginn des Friedens im Osten Kongos, der seit mehr als zehn Jahren vom Bürgerkrieg erschüttert wird. Er forderte die Auslieferung Nkundas. "Es gibt einen kongolesischen Haftbefehl, er ist Kongolese, und er hat seine Verbrechen im Kongo begangen - sein Fall muss im Kongo verhandelt werden." Mende forderte Nkundas Rebellen auf, sich der Regierungsarmee anzuschließen. "Mit Nkundas Festnahme ist seine Rebellion praktisch vorbei", sagt Mende.

UN-Sprecher Dietrich ist zurückhaltender. Bei Nkunda habe man zumindest gewusst, woran man war. "Jetzt müssen wir abwarten, wer nach Nkunda kommt und hoffen, dass die versprochene Niederlegung der Waffen auch wirklich stattfindet." Dietrichs Skepsis gilt Bosco Ntaganda, der als starker Mann der Rebellengruppe gilt. Der hat zwar versprochen, den Kampf zu beenden, doch wegen des Einsatzes von Kindersoldaten wird er vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht, er hat viel zu verlieren.

Die Festnahme Nkundas ist der erste Erfolg der gemeinsamen ruandisch-kongolesischen Offensive, an der laut UN mehr als 3 500 ruandische Soldaten beteiligt sind. Bislang hatten die Führungen beider Länder davon gesprochen, militante Hutu zu verfolgen, die für den Völkermord in Ruanda verantwortlich gemacht werden. Stattdessen wurde Tutsi-General Nkunda festgenommen, der im Namen der Opfer des Völkermords Angst und Schrecken verbreitete. Beim Einmarsch seiner Truppen vor sechs Jahren in Bukavu etwa schauten UN-Blauhelme zu, während Nkundas Truppen vergewaltigten und plünderten. "Nkundas Truppen haben schwere Menschenrechtsverletzungen zu verantworten", sagt Anneke van Woudenberg von Human Rights Watch. "Ihm muss ein Prozess gemacht werden, der internationalen Standards entspricht."

(Copyright Berliner Zeitung, 24.1.09)