Mittwoch, 21. Februar 2007

Letztes Gefecht eines ewigen Präsidenten


Die Ausgangssperre am Tag ist aufgehoben, doch noch immer trauen sich nur wenige auf die Straßen von Guineas Hauptstadt Conakry. Mehr als eine Woche ist es her, dass Präsident Lansana Conté den Ausnahmezustand erklärt und Soldaten in die Städte geschickt hat. Seitdem sorgt das Militär unter den Bewohnern für Angst und Schrecken. “Ich kam gerade aus dem Haus, als ein Soldat mich in eine Ecke gedrückt und verprügelt hat”, berichtet der 21-jährige Alseny Bah. Der Soldat nahm Bahs Bargeld, sein Handy und zog ihm sogar seine Nike-Turnschuhe aus. Immerhin, Bah überlebte.

Mindestens 22 Menschen hat das guineische Militär seit Ausrufung des Ausnahmezustands hingegen bereits auf dem Gewissen, meldet die Menschenrechtsorganisation “Human Rights Watch”. Offiziell gilt: Erschossen wird, wer provoziert. Doch Bewohner berichten von willkürlichen Tötungen, Massenvergewaltigungen und wahren Prügelorgien. “Angeblich sollen die Soldaten Recht und Ordnung herstellen, aber in Wirklichkeit hausen sie wie Kriminelle, die diejenigen terrorisieren, die sie beschützen sollen”, regt sich der Afrika-Chef von Human Rights Watch, Peter Takirambudde, auf.

Mit Folgen müssen die Soldaten vorläufig nicht rechnen, denn das Militär gehört zu den letzten Unterstützern des 72-jährigen, schwer kranken Conté, der mit allen Mitteln um seinen Machterhalt kämpft. Im Januar musste Conté seine vorläufig schwerste Niederlage einstecken: Die Opposition schaffte es, 18 Tage am Stück einen Generalstreik in dem westafrikanischen Staat durchzuhalten. Als auch die Bauxit-Minen, der größte Devisenbringer des Landes, stillstanden, sah sich der seit einem Putsch 1984 regierende Conté gezwungen, zu verhandeln.

Unter dem Jubel der Bevölkerung sagte er zu, einen unabhängigen Premierminister zu ernennen. “Es muss ein Zivilist sein, kompetent und ehrlich, ein Patriot, der Guinea liebt und seinem Land dienen möchte”, erklärte Ibrahima Fofana, der Vorsitzende der “Gewerkschaft guineischer Arbeiter” nach der Einigung. Doch stattdessen benannte Conté einen seiner engsten Vertrauten. Eugene Camara macht seitdem “ausländische Elemente” aus den instabilen Nachbarländern Liberia und Sierra Leone für die Eskalation der Gewalt verantwortlich. Die Armee soll unterdessen Proteste wie im Januar im Keim ersticken.

Die “International Crisis Group” befürchtet bereits, dass Guinea im Bürgerkrieg versinken könnte. “Wir befürchten eine Spirale der Gewalt, wenn Conté weiter auf militärischen Druck setzt: Die Bevölkerung wird im ganzen Land rebellieren, das Chaos wächst, und das Militär wird mit noch mehr Gewalt zurückschlagen”, so ein aktueller Bericht. Nicht nur die Analysten, auch die Afrikanische Union und Frankreich fordern Verhandlungen, um die Krise zu beenden. Doch während die Opposition Conté für regierungunfähig hält, will der um keinen Preis aufgeben. Ein kaum lösbares Dilemma.

Dabei hatte Guinea, eines der ärmsten Länder der Welt, gerade allen Grund, auf einen wirtschaftlichen Aufschwung zuhoffen. Seit die Bürgerkriege in der Region vorbei sind, investieren internationale Konsortien Milliarden, um die größtenteils unerschlossenen Vorkommen an Gold, Diamanten und Eisenerz zu erschließen. Doch viele der ausländischen Unternehmer, die erst vor Monaten nach Guinea gekommen sind, fliehen jetzt vor der Gewalt.

(Copyright epd, 20.2.07)